Wir feiern unser zehnjähriges Bestehen und blicken dabei zurück auf die filmischen Highlights der letzten Dekade. Jeder der beiden Quadrataugen nennt seine persönlichen Top 5 aus Filmen, die zwischen dem 6.10.2011 und dem 30.09.2021 ihren deutschen Kinostart hatten.
Svens Top 5
1. Der seidene Faden (2017) – R: Paul Thomas Anderson
Machtstrukturen in einer Beziehung können so einfach sein: Der eine sehnt sich nach einer Auszeit, der andere vergiftet sein Essen. Und Charakterdarsteller Daniel Day-Lewis spielt hier einen äußerst hungrigen Jungen. Einen Künstler und Machtmenschen, der erst in der Aufgabe der Kontrolle seinen Wohlfühlpunkt findet. Der Film ist nicht nur ein krönender und bittersüsser Abschied von Day-Lewis, sondern auch der nächste Schritt in Paul Thomas Andersons Karriere zu einem der ganz Großen in Amerikas Filmgeschichte.
2. Mad Max: Fury Road (2015) – R: George Miller
War es letztendlich nur ein Strohfeuer im Blockbustergenre oder ist Mad Max: Fury Road immer noch ein Leuchtfeuer, wenn man nur hinsieht? George Millers Wüstenwunder hat nämlich nichts von seiner Kraft und Intensität eingebüßt. Inhaltlich nähren wir uns der Dystopie sogar Stück für Stück an, auch wenn es für den V8-Motor schlecht aussieht. Im Kampf gegen die eigene Ausbeutung gibt es nur die Flucht nach vorne. Und einen schnaufenden Tom Hardy kann man auch noch bestaunen in der Postapokalypse.
3. Carol (2015) – R: Todd Haynes
Carol ist mit der Zeit gewachsen. Natürlich als Weihnachtsfilm, denn am 21. Dezember besucht Therese Carol Aird zu Hause, aber vor allem als Liebesfilm. Nicht etwa, weil es eine verbotene Liebe in einer vergangenen Zeitepoche ist, sondern weil es die erste große Liebe ist. Die, die so richtig wehtut. Ich schmelze immer noch dahin, wenn Therese von ihren Silvesternächten allein in der Menge erzählt. Es folgen bittere Tränen und ein gebrochenes Herz, dass vom Körper abgestoßen werden will. Carter Burwells Score ist für die Ewigkeit, genau wie meine Bewunderung für Rooney Mara.
4. Der schwarze Diamant (2019) – R: Benny Safdie & Josh Safdie
Mein Faible für New Hollywood und die USA ist grösser als das für Adam Sandler. Aber die Tendenz kippt in den letzten Jahren immer ein Stück weiter zum Sandman. Howard Radner ist ein tragischer Verlierer und mitten drin im amerikanischen Traum – nur noch eine weitere Chance vom großen Gewinn entfernt. Doch er sieht seinen Untergang als Einziger nicht kommen. Uncut Gems hetzt durch seine 130 Minuten wie Sandler dem titelgebenden Diamanten hinterher. Ein intensives Werk, das sich mit seinem kalten Realismus schmückt. In den Strassen von Manhattan gibt es kein Mitleid.
5. Drive (2011) – R: Nicolas Winding Refn
Schweigsam bewegt der namenlose Fahrer sein Auto durch die Straßenschluchten von Los Angeles. Böse Zungen behaupten, es sei die perfekte Rolle für Ryan Gosling. Und das ist sie tatsächlich, doch nicht aufgrund fehlender Ausstrahlung. Regissseur Nicolas Winding Refn spielt gekonnt mit Goslings Image, um seine Anti-Heldengeschichte zu inszenieren. Denn der strahlende Held im Scheinwerferlicht ist letztendlich nur ein weiterer Mann der Gewalt. Ein Hai im Schafspelz. Seine Sehnsucht nach Romantik und ein letztes bisschen Mitgefühl sind es, was ihn von den anderen Männern unterscheidet. Die ikonische Skorpion-Jacke und die Musik von Cliff Martinez allein hätten wohl nicht gereicht, um aus Drive einen modernen Klassiker zu machen.
Sebastians Top 5
1. Manchester by the Sea (2016) – R: Kenneth Lonergan
Es gibt Filme, die einen berühren und nicht mit einem guten Gefühl aus dem Kino lassen. Zu dieser Kategorie gehört Manchester by the Sea. Von der ersten Minute an leidet man mit den Figuren mit. Man kann den Schmerz des Verlustes nachempfinden. Cassey Affleck – der bessere Affleck- und Michelle Williams spielen dabei grandios. Der Film ist düster, er ist traurig und er ist einfach etwas Besonderes. Und dafür liebe ich ihn.
2. The Raid (2011) – R: Gareth Evans
Für mich ist The Raid der perfekte Martial-Arts-Film. Die Kämpfe sind realistisch und genial inszeniert. Bei jedem Schlag spürt man die Wucht, so eine gute Choreografie hat es selten gegeben. Dazu kommt ein passendes Setting in einem Hochhaus, in dem es wie in einem Computerspiel von Level zu Level nach oben geht. Die Geschichte ist relativ einfach gehalten, aber dennoch spannend. Sie konzentriert sich auf das Wesentliche. Es soll eben um die Kämpfe gehen. Mir bleibt dazu nur noch eins zu sagen: Jackie Chan gefällt das.
3. Spider-Man: A New Universe (2018) – R: Bob Persichetti, Peter Ramsey & Rodney Rothman
Nun gab es im letzten Jahrzehnt sehr viele Superhelden-Filme. Manche waren solide, die meisten aber eher schwach. Klar ist es verwunderlich, dass so ein Film in meine Top 5 kommt, aber Spider-Man: A New Universe macht es eben anders. Er erzählt eine Origin-Geschichte, die spannend, emotional und einfach spaßig ist. Für mich ist es der beste Film des Wandkrabblers, auch wenn er „nur“ animiert wurde.
4. Edge of Tomorrow (2014) – R: Doug Liman
Und täglich grüßt das Alien. Edge of Tomorrow schießt genau in dieses Genre und macht es dabei so vortrefflich, dass ich mir den Film immer wieder angucken möchte. Die Geschichte bleibt dem Grundthema immer recht nah, wirkt dabei aber dennoch frisch und unverbraucht. Starke Action, das Zusammenspiel von Emily Blunt und Tom Cruise und die toll designten Aliens machen es zu einem der besten Vertreter des Genres und vielleicht zu einem der besten Actionfilme der letzten zehn Jahre.
5. Ich und Earl und das Mädchen (2015) – R: Alfonso Gomez-Rejon
Manche Filme bleiben einem für immer im Kopf. Manche bringen einem zum Lachen, manche bringen einem zum Weinen und manche sind einfach sympathisch. Auf Ich und Earl und das Mädchen trifft alles davon zu. Man lacht, weint und hofft mit den Figuren, dass das scheinbar Unausweichliche doch noch irgendwie abgewendet werden kann. Der Film umschifft dabei peinliche Situationen so charmant, dass es schon wieder lustig ist. Der hervorragende Soundtrack unterstreicht dabei zu jeder Zeit die Stimmung des Films. Meiner Meinung nach der stärkste Beitrag unter den ganzen Das Schicksal ist ein mieser Verräter-Vertretern.
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